Tiger-Tour Riesengebirge 2016
4. Juli 2016Pyrenäen 2016 • Kapitel 5
14. Oktober 2016Nordkapp 2016
Vorgeschichte:
Bei der Durchsicht der Löffelliste und der Planung von möglichen Motorradtouren 2016 mit den anderen Leuten des RAT-Pack Syke verdichtete sich die Ansicht, dass wir dieses Jahr nicht zu den TriDays 2016 mit so vielen Leuten fahren werden.
Einige von uns wollten in diesem Jahr eine Auszeit von den TriDays nehmen.
Da aber der Zeitraum der TriDays vom Familienrat als Motorradurlaub genehmigt war lag es nahe eine Ersatzziel zu suchen. Eine Umfrage unter den Kumpels ergab keine direkte Idee für eine Tour von einer Woche Ende Juni.
Also prüfte ich noch einmal meine Löffelliste. – Hmmmm – Nordkapp – das könnte passen.
Ich ging also mit der Idee hausieren, dass man in der Zeit der TriWeek zum Nordkapp fahren könnte. Das Echo war aber – sagen wir es vornehm – verhalten.
Viele fanden die Idee Nordkapp gut – aber nicht gerade jetzt, oder nicht in der kurzen Zeit, oder es passte nicht in die Urlaubsplanung, oder…. es gab viele gute Gründe.
Die galten aber nicht für mich – wenn ich mich erst einmal für ein Thema entscheide, dann verfolge ich es recht konsequent. Der Zeitraum passt, Mit dem Tiger habe ich ein Motorrad für diese Strecke – und das Nordkapp ist auf der Löffelliste – PASST!
Und es gab noch drei weitere wichtige Gründe für mich:
- Solotour
- Schlafapnoe
- Iron Butt
Solotour:
Seit dem ich vor ca. 5 Jahren wieder mit dem Motorradfahren angefangen habe, waren bislang alle Touren mit Begleitern. Auch wenn ich viele Touren inzwischen aktiv mit plane, habe ich noch keine längere Tour ganz allein unternommen.
Ich möchte für mich unbedingt herausfinden, ob und wie ich mich auf einer längeren Tour ganz allein fühle.
Schlafapnoe:
Bei mir wurde vor zwei Jahren – nach vielen Jahren mit Schlaf – besser gesagt mit Müdigkeitsproblemen – eine schwere Schlafapnoe diagnostiziert. Es war für mich auf Tour ab Mittag immer sehr schwer wach zu bleiben – und es ging nur mit starker Konzentration, viel Espresso oder Energiedrinks. Sekundenschlaf ist auf einem Motorrad kein Zustand, der sicher und stabil ist…. Seit Ende 2014 habe ich jetzt ein CPAP Gerät – und mit diesem hat sich für mich wieder ein ganz neues Universum aufgetan – nicht mehr ständig müde – genial.
Iron Butt:
Ich habe vor vielen Jahren in der Zeitschrift Motorrad einen ersten Artikel über amerikanische Iron Butts gelesen, und das es jetzt auch in Deutschland eine Iron Butt Germany Abteilung gibt. Das hat mich schon immer fasziniert.
Da wir Verwandte in Umea haben, und dieses auf dem Weg in Richtung Norkapp liegt, bietet es sich ja geradezu an, dies als Etappenziel zu definieren – und einen SS100 – also 1000 Meilen in unter 24h – zu erfahren.
Und da ich mich mit meiner CPAP Maschine wieder so gut fühle wie früher, wollte ich mir auch selber beweisen, dass ich das wieder kann.
Zusammenfassung:
Aus diesen Gründen – und aus der Tatsache, dass es von uns aus dem Norden nur ca. 3000km ans Nordkapp sind – und dann auch erstaunlicherweise nachmals die gleiche Strecke zurück – schien eine Tour ans Nordkapp und zurück in 9 Tagen machbar.
Es stand für mich also fest – es geht in der Zeit vom 24.6.2016 bis zum 3.7.2016 ans Nordkapp und zurück.
Eine meiner Töchter hat das auf ihre ganz persönliche und einfühlsame Art und Weise auf den Punkt gebracht. Danke Wiebke.
Reisevorbereitungen:
Die Checkliste für die Nordkapp Tour war recht übersichtlich:
- Motorrad
- Zahlungsmittel
- Gepäck
Motorrad:
Der Tiger ist ein optimales Reisemotorrad für mich. Er hat in Rumänien bewiesen, dass er mit jedem Gelände klar kommt, schnell genug auf Strassen und bequem genug für lange Strecken ist. Ich hatte mir als Vorbereitung für Rumänien eine Touratech Sitzbank gekauft. Diese war aber so rutschig, dass ich
damit nicht fahren konnte. Nach einer Stunde Fahrt waren die Bauchmuskeln total verkrampft, da ich auf dem Sitz immer hin und her rutschte. Diese hatte ich dann zu Rüdiger Neumann – dem Sattler unseres Vertrauens gebracht, der den oberen Bezug getauscht hat. Damit rutscht man nicht mehr – ABER
Die Touratech Sitzbank ist aber ca. 2cm höher als die Seriensitzbank – ich rutsche also am Ende herunter, und habe beim Beschleunigen keinen festen Halt. Auf dem letzten Drücker habe ich dann die hintere Sitzbank vom Tiger zum Sattler gebracht. Rüdiger hat dann dort 4 cm aufgepolstert – das ist eine prima Stütze.
Zahlungsmittel:
Durch Lesen von Reiseberichten habe ich erfahren, das in Skandinavien viele Tankstellen NUR per Kreditkarte funktionieren. Und die Kreditkarte muss eine PIN haben. Das ist in Deutschland nicht üblich – und mann muss dies vorher bei seiner Bank entsprechend beantragen.
Und aus der Erfahrung anderer Reisender – es muss eine VISA/Master Karte sein. Manche Kreditinstitute geben eine neue Visa Karte mit V-Pay heraus. Diese funktionieren aber im Ausland sehr eingeschränkt.
Gepäck:
Der leichteste Teil – aufgrund des Rumänien MudRun aus 2015 war der Tiger bestens vorbereitet. Es gab nur eine notwendige Ergänzung. Der Tiger braucht doch ein wenig Öl auf Strecke – und so habe ich den 2L Ölbehälter für die Touretech Koffer gekauft. An den Koffern gibt es vier Montagepunkte für Zusatzgepäck.
Es waren 2x 3L Benzin, 1x 2L Öl und 1x 2L Wasser an Bord. Das hat prima funktioniert. Oben drauf ist die Erweiterung für Werkzeug.
Tourtag 1 - Von Sulingen nach Umea - 1.900km
Der erste Tourtag soll bis Umea in Nordschweden gehen.
Der Iron Butt steht auf der To-Do Liste. Der Plan ist erst abends loszufahren, so dass es in der Nacht durch Deutschland und Dänemark geht – und wenn die Sonne aufgeht, dann soll es durch Schweden gehen.
Pünktlich zum Abendessen will ich dann in Umea sein. Die Abfahrtzeit ist 21:30 – das hat perfekt gepasst.
Ich bin dann auch pünktlich um 20:00 in Umea angekommen.
Tourtag 2 - von Umea über das Nordkapp bis Narvik - 1.800km
Nach einer Nacht tiefen Schlafes und einem genialen Familienfrühstück war ich wieder bereit den Tiger in Richtung Nordkapp zu bewegen.
Es ging weiter die E4 entlang in Richtung Lulea. Bis zum Nordkapp sind es von Umea aus 1.100km.
Nach den 1.900km des Vortages ist da ja gerade erst der Motor richtig warm – so fühlte es sich an.
Aufgrund des knappen Zeitbudgets war es nicht möglich, nach Schotterwegen zu suchen, oder lange Besichtigungstouren durchzuführen. Aber das Wetter war wie gestern – einfach genial. Perfekter blauer Himmel und die neue Wetter App auf dem iPhone sagte auch perfekten blauen
Himmel für das Nordkapp voraus. Da ich von vielen Leuten vorher gelesen hatte, dass das Nordkapp sich auch gerne im Regen und unter Wolken versteckt, habe ich dies als Fingerzeig verstanden mich möglichst schnell auf den Weg dahin zu machen.
Das ist aber auch eine gute Überleitung, um das Thema „Möglichst Schnell“ einmal auf skandinavisch zu beleuchten. Im Vorfeld war die Info ja an vielen Stellen zu lesen, das es die Skandinavier nicht so „entspannt“ mit der Geschwindigkeit nehmen wie wir in Deutschland. Ich will das jetzt
auch nicht werten, sondern einfach berichten, was für mich gut funktioniert hat. Innerorts bin ich strikt die verordnete Geschwindigkeit gefahren – auf den km genau. Und das sind teilweise 30km/h oder 40km/h. Außerorts bin ich mit 10km maximal als Toleranz unterwegs gewesen.
Ich habe dann gegen 21:00h die Grenze zu Norwegen erreicht – und da ich schon so weit gekommen war, und da es immer noch taghell war – bin ich einfach weitergefahren.
Die Küstenlinie in Norwegen war für mich eine Überraschung. Ich habe hier die gleiche geraden Strecken mit Wäldern wie in Schweden und Finnland erwartet – und ich lag total falsch. Es war fast wie die Highlands in Schottland – und ich liebe Schottlands Highlands.
Gegen 3:00h Morgens war ich dann im Nordkapp – der Himmel war unglaublich blau.
Und ich muss sagen – für mich war die Uhrzeit perfekt.
Die Ordner am Nordkapp hatten Feierabend. Die Schranken sind dann offen – und man kann mit dem Motorrad direkt durchfahren.
Und da ich nun schon so weit gefahren war, und es auch noch richtig hell war, und immer noch nicht müde war – bin ich weitergefahren. Nach dem Nordkapp war das nächste Ziel auf meiner Löffelliste für Skandinavien die Lofoten. Dort wollte ich mehrere Tage verbringen.
Dazu wollte ich am Anfang der Lofoten eine Hütte mieten. Also Narvik in ins Navi einprogrammiert – und los ging es in Richtung Lofoten.
Auf dem Rückweg ging es dann das zweite mal durch den Nordkapptunnel. Die Norweger lieben Tunnel. Es ist ein besonderes Gefühl durch einen 6km Tunnel unter dem Nordmeer zu fahren – dagegen ist der Elbtunnel richtig mickrig.
Die Küstenlinie von Norwegen macht einfach Spaß. Die Straßen oben im Norden sind fast perfekt. Die Sonne im Rücken ist schön warm – ein perfekter Tag zum Biken.
Diese 3 Bilder kann man jetzt 1000x aneinander legen und bekommt einen Eindruck vom Panorama, dass sich den ganzen Tag über ergibt. Hier findet die Seele Ruhe und Entspannung. Allerdings soll es bei Regen und Nebel anders wirken.
Gegen 17:00 bin ich dann doch müde geworden und habe mich nach einem Campingplatz mit Hütte umgeschaut. Fündig bin ich dann in Öyjordan – ca. 30km vor Narvik geworden. Eine Hütte mit eigener Dusche und Frühstück vom Verwalter.
Er hat sich vielmals dafür entschuldigt, dass es nur gebratenen Speck und Spiegelei gibt. Männertraum!!!!
Heute habe ich gelernt, dass ich maximal 30h Motorrad fahren kann.
Tourtag 3 - von Narvik bis A und wieder zurück - 700km
Zu Mittag sollte es Fisch geben. Ich mag Fisch – und die Lofoten sind für den Fischfang berühmt. Mir ist aber nicht klar geworden, was die hier nach dem Fangen des Fisches machen – weil essen kann man den hier nicht.
Es gibt keine sichtbaren Restaurants. Vielleicht gibt es hier in Norwegen eine geheime Underground Küche nur für Einheimische…..
Zum Glück gibt es noch keine olfaktorischen Fotos – sonst würden die folgenden Bilder ein großes Hallo ergeben.
Also gab es als Standardessen an der Statoil Tankstelle wieder ein Würstchen, dass hier nach Landessitte in Speck gewickelt ist, damit sich kein Vegetarier daran vergreift.
Vermutlich ist das eine norwegische Sicherheitsregel – so wie Warnwesten bei BMW Fahrern….
Auf dem Rückweg gab es dann für ca. 2 h Regen – da bin ich dann doch ein wenig nass geworden. Der Regenkombi und der Pullover waren trocken in der Hütte.
Gelernte Lektionen heute:
- Auch die Strecke zurück mit einrechnen – Triumphs können nicht teleportieren
- Vorher im Internet nach einem Restaurant suchen
- Vorher die Temperatur prüfen – unter 15 Grad den Pullover mitnehmen
- Immer die Regenjacke einpacken
- 700km sind immer noch eine Menge km
Mal sehen, was ich Morgen so lerne
Tourtag 4 - von Narvik nach Andenes - und wieder zurück - 550km
Während A das südliche Ende der Lofoten markiert, ist Andenes das nördliche Ende. Oder um ganz genau zu sein – das nördliche Ende der Vestralen.
Damit die Lofoten komplett sind, soll es also heute noch Andenes gehen.
Checkliste von Gestern:
- Fleecepullover – check
- Regenjacke – check
- Fischrestaurant in Andenes gesucht – check
- Beide Strecken berücksichtigt – check
Sollte also alles klappen.
Bevor es losgeht – hier noch ein paar Impressionen der Hütte, die für drei Nächte meine Basis war.
Naja – bis auf das Wetter. Ich hatte zwar Sonne gebucht – aber irgendwas ist da bei Petrus durcheinander gelaufen – der Regen sollte doch eigentlich bei Euch sein….
Es ging also im Regen los – aber Dank Fleecepullover und Regenjacke war das Klappergeräusch, das mich gestern nervös gemacht hat nicht mehr da.
Aber was soll ich sagen – eine Fahrt im Regen bei 13 Grad lässt sich einfach nicht schön reden. Und Andenes ist nur spannend, wenn man auf Marinefliegerhorste oder Whale-Watching steht.
Das Fischrestaurant hatte seine Website nicht gelesen und war zu. Lange Rede kurzer Sinn – Andenes kann man sich schenken.
Auf dem Rückweg hat dann der Regen auf den letzten 120km aufgehört. Und da ich die Strecke gerade zum vierten mal gefahren bin, hat es sich ein bisschen wie die Hausstrecke angefühlt – nett.
Was habe ich heute gelernt:
- Auch der beste Plan scheitert an der Realität
- wenn mein Bauch sagt – anhalten, dann sollte ich das machen. Mein Bauch ist Spezialist für kulinarische Orte
- mit den richtigen Klamotten verschwindenden Klappergeräusche beim Fahren – Magie
- Bei Regen ändert sich die Wahrnehmung der Landschaft extrem
Morgen geht es zurück nach Umea – die Rückreise beginnt.
Soll aber in drei statt einer Etappe erfolgen.
Tourtag 5 - von Narvik nach Umea - 765km
Die zwei Punkte auf der Löffelliste für das Nordkapp sind abgehakt. Mit dem Wetter hatte ich unglaubliches Glück. Ich hatte am letzten Tag in Richtung Andenes selber erlebt, was für einen anderen Eindruck man vom Land bekommt, wenn das Wetter schlechter ist.
Ich hatte die Rückreise mit leicht gedämpften Gefühlen gestartet. Allerdings hat mich dann das Binnenland von Norwegen bei Sonnenschein in kurzer Zeit wieder zum lächeln gebracht.
DAS ist die Landschaft, die ich Liebe. Karge, steinige Umgebungen, Berge, weiter Blick, wenig Verkehr und Menschen. Ich habe wenig Bilder gemacht – aber im Video kommt dieses Panorama in Ansätzen zur Geltung.
Und in Schweden waren es dann wieder endlose Wälder. Und die legendäre Mienenstadt Kiruna.
Tourtag 6 - von Umea nach Sveg - 650km
Nachdem ich mir jetzt für die Rückreise „richtig“ Zeit lassen will, steht in Schweden der legendäre Inlandsvägen auf dem Programm. Dort hoffe ich auf die Schotterpassagen, von denen ich im Vorfeld schon so viel gelesen habe.
Schließlich fahre ich einen Tiger – und Schotter macht viel Spaß.
Aber was soll ich sagen – alles Asphalt – nur Asphalt den ganzen Tag lang.
Highlight des heutigen Tages:
Auf dem Weg habe ich ab Dorotea auf der E45 Schilder mit MC-Träff gesehen. Dort habe ich auch angehalten und wäre gerne über Nacht geblieben – das wäre ein sehr cooler Abschluss der Tour gewesen.
Leider gab es dort aber nur die Möglichkeit zu zelten – und keine Zimmer oder Hütten mit Strom. Und eine Hütte in der Stadt macht einfach keinen Spaß.
So bin ich dann bis Sveg weitergefahren – die letzen zwei Stunden wieder im Regen bei 12 Grad – BRRRRR.
Am Ende gab es die Optionen:
– Zeltplatz Hütte mit Gemeinschaftsdusche
– Hotel mit eigener Dusche
Ich habe dann das Hotel gewählt. Auf dem Parkplatz war dann eine Expeditions-BMW. Leider habe ich den Fahrer nicht gefunden, um nach Schotter zu fragen….
Tourtag 7 - von Sveg nach Hause - 1350km
Die Hoffnung gestern war, dass der Regen über Nacht durchzieht – und es dann in zwei restlichen sonnigen Tagen nach Hause geht – aber die Hoffnung stirbt manchmal schon um 8:00 morgens….
So sah es auf dem Regenradar aus – Regen für den ganzen Tag und die ganze Strecke – und die Windrichtung lässt alles über die Strecke ziehen…
Also ab in die Regenklamotten und los. Der Regen hat mich dann die ganze Strecke bis 20:00h kurz vor die Fähre Rödby – Puttgarden begleitet.
Es sind mit mir noch 8 Biker aus Italien auf BMWs auf die Fähre gefahren. Die waren 2 Wochen in Norwegen unterwegs gewesen und jetzt auf dem Weg nach Hamburg zum Flughafen.
Dort werden dann die Motorräder auf einen LKW verladen – und die Fahrer fliegen wieder nach Hause.
Und hier kommt - wie immer - der Link zum Tourvideo:
Zusammenfassung:
Reise zum Nordkapp
go north young man
Reisedatum: 24.6.2016 – 2.7.2016
Reisedauer: 8 Tage
Strecke: 7.500km
Kosten:
Maut: 100€
Fähre: 50€
Übernachtung: 200€
Treibstoff: 550€
Essen: 100€
Summe: 1.000€
Spaßfaktor: unbezahlbar
Nachtrag:
Am 24.07.2016 ist die Bestätigung gekommen, dass der Ride als IBA Ride SS1000 mit 1.911km anerkannt wurde – Ich bin jetzt ein Iron Butt – genial!!!!